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Deutsch Italienisch Interpretation:
   Dreizehnter Gesang:
   Zusammenfassung und Deutung

DER LÄUTERUNGSBERG: XIII Gesang PURGATORIO: XIII CANTO
Der Stufen höchste war von uns erklommen,
Woselbst der zweite Ring des Berges liegt,
Der alle reinigt, die zu ihm gekommen,
Noi eravamo al sommo de la scala,
dove secondamente si risega
lo monte che salendo altrui dismala.
Wo ebenfalls den Berg ein Sims umschmiegt,
Das gleich dem ersten sich im Vorsprung windet,
Nur dass sich dies in schärfrer Krümmung biegt.
Ivi così una cornice lega
dintorno il poggio, come la primaia;
se non che l'arco suo più tosto piega.
Einförmig starrt hier Wand und Weg; man findet
Sie nicht wie dort mit Bilderschmuck besät!
Ein Schwefelgelb herrscht hier, das nirgend schwindet.
Ombra non lì è né segno che si paia:
parsi la ripa e parsi la via schietta
col livido color de la petraia.
„Wenn wir, bis dass ein Führer kommt und rät,
Hier säumen,“ sprach Virgil, nachdenklich stehend,
„So fürcht ich, kommt der beste Rat zu spät.“
«Se qui per dimandar gente s'aspetta»,
ragionava il poeta, «io temo forse
che troppo avrà d'indugio nostra eletta».
Dann nahm er, fest zur Sonnenscheibe sehend,
Zum Wendepunkt des Körpers rechte Seite
Und schwenkte um, die linke Hüfte drehend.
Poi fisamente al sole li occhi porse;
fece del destro lato a muover centro,
e la sinistra parte di sé torse.
„O holdes Licht! als sicheres Geleite,“
Bat er, „auf neuen Pfaden führ uns hier,
Wie unserm Fuße ziemet, dass er schreite.
«O dolce lume a cui fidanza i' entro
per lo novo cammin, tu ne conduci»,
dicea, «come condur si vuol quinc' entro.
Du spendest Glut der Welt, du leuchtest ihr,
Und zwingt kein andrer Grund zum Gegenteile,
Vertraut der Mensch am sichersten nur dir!“ –
Tu scaldi il mondo, tu sovr' esso luci;
s'altra ragione in contrario non ponta,
esser dien sempre li tuoi raggi duci».
Soviel man diesseits zählt für eine Meile,
Soweit schon schritten wir auf diesen Pfaden,
Mit rüstigen Schritten und mit kurzer Weile.
Quanto di qua per un migliaio si conta,
tanto di là eravam noi già iti,
con poco tempo, per la voglia pronta;
Hörbar, doch ungesehn, flog den Gestaden
Freundlichen Worts entlang ein Geisterzug,
Zum Liebesmahle hold uns einzuladen.
e verso noi volar furon sentiti,
non però visti, spiriti parlando
a la mensa d'amor cortesi inviti.
Die erste Stimme, die ans Ohr uns schlug,
Sie rief: vinum non habent! – deutlich schallten
Die Worte, und dann abermals im Flug,
La prima voce che passò volando
'Vinum non habent' altamente disse,
e dietro a noi l'andò reïterando.
Und ehe sie im Ohre mir verhallten,
Fiel eine zweite ein: Orestes bin ich!
Und eilte fort. – „O Vater sprich: wem galten
E prima che del tutto non si udisse
per allungarsi, un'altra 'I' sono Oreste'
passò gridando, e anco non s'affisse.
Die Stimmen?“ sprach ich da, „vergebens sinn ich
Den Worten nach.“ – Da rief schon eine dritte:
Liebt, die euch wehgetan! – das klang so innig.
«Oh!», diss' io, «padre, che voci son queste?».
E com' io domandai, ecco la terza
dicendo: 'Amate da cui male aveste'.
Und er: „Gegeißelt in des Ringwalls Mitte
Wird hier des Neides Schuld, und L i e b e schwingt
Die Geißelriemen; doch von andrer Sitte
E 'l buon maestro: «Questo cinghio sferza
la colpa de la invidia, e però sono
tratte d'amor le corde de la ferza.
Und Art der Z ü g e l ist, der rauher klingt;
Du wirst ihn hören, eh im Weiterschreiten
Dein Fuß zum Passe der Vergebung dringt.
Lo fren vuol esser del contrario suono;
credo che l'udirai, per mio avviso,
prima che giunghi al passo del perdono.
Doch lass jetzt scharf dein Auge vorwärts gleiten,
Und vor uns wirst du Geister sitzen sehen
In Reihen lehnend an den Felsenseiten.“
Ma ficca li occhi per l'aere ben fiso,
e vedrai gente innanzi a noi sedersi,
e ciascun è lungo la grotta assiso».
Ich spähte schärfer hin, als erst geschehen,
Und Schatten sah ich. Mit dem Felsenwalle
Im Einklang schien der Mäntel Grau zu stehen.
Allora più che prima li occhi apersi;
guarda'mi innanzi, e vidi ombre con manti
al color de la pietra non diversi.
Uns nähernd hörte ich mit lautem Schalle
„Maria, bitt für uns“ die Schatten flehen,
Und dann anrufen unsre Heiligen alle.
E poi che fummo un poco più avanti,
udia gridar: 'Maria, òra per noi':
gridar 'Michele' e 'Pietro' e 'Tutti santi'.
So harten Herzens wird auf Erden gehen
Kein Mensch zur Stunde, der des Mitleids bar
Sich fände, wenn er säh, was ich gesehen.
Non credo che per terra vada ancoi
omo sì duro, che non fosse punto
per compassion di quel ch'i' vidi poi;
Denn als ich ihnen jetzt so nahe war,
Um mir ihr Tun und Treiben zu erklären,
Da schwamm mein Blick in Tränen ganz und gar.
ché, quando fui sì presso di lor giunto,
che li atti loro a me venivan certi,
per li occhi fui di grave dolor munto.
In einem Bußgewande grob und hären
Lehnte sich einer an des andern Rücken,
Doch allen musste Halt der Fels gewähren.
Di vil ciliccio mi parean coperti,
e l'un sofferia l'altro con la spalla,
e tutti da la ripa eran sofferti.
An Ablassorten sieht man so sich bücken
Erblindete, die dort zu betteln pflegen,
Und ihre Häupter aufeinander drücken,
Così li ciechi a cui la roba falla,
stanno a' perdoni a chieder lor bisogna,
e l'uno il capo sopra l'altro avvalla,
Weil sich das Mitleid schneller lässt bewegen
Durch solchen Anblick jammervoller Mienen,
Als wenn sich nur die Lippen bittend regen.
perché 'n altrui pietà tosto si pogna,
non pur per lo sonar de le parole,
ma per la vista che non meno agogna.
Und wie den blinden Bettlern hat auch i h n e n ,
Den Schatten hier, vom Himmelszelt hernieder
Der Sonne Lichtgeschenk umsonst geschienen,
E come a li orbi non approda il sole,
così a l'ombre quivi, ond' io parlo ora,
luce del ciel di sé largir non vole;
Denn Eisendraht vernäht die Augenlider,
Als gält es, dass man einen Falken zähme,
Wenn zornig sträubt der Wildling sein Gefieder.
ché a tutti un fil di ferro i cigli fóra
e cusce sì, come a sparvier selvaggio
si fa però che queto non dimora.
Ich fühlte, dass die Scham den Fuß mir lähme,
Sehend, doch ungesehn, vorbeizugehen,
Und wandte mich, dass ich Virgil vernähme,
A me pareva, andando, fare oltraggio,
veggendo altrui, non essendo veduto:
per ch'io mi volsi al mio consiglio saggio.
Der längst den stummen Wunsch mir angesehen
Und mich ermunterte, noch eh ich fragte -:
„Sprich dreist und klug, doch lass es schnell geschehen!“
Ben sapev' ei che volea dir lo muto;
e però non attese mia dimanda,
ma disse: «Parla, e sie breve e arguto».
Virgil ging neben mir, wo steilab ragte
Der Berg und leicht hinabzufallen war,
Weil keine Brustwehr schützend ihn umschragte;
Virgilio mi venìa da quella banda
de la cornice onde cader si puote,
perché da nulla sponda s'inghirlanda;
Und drüben, betend, saß die Büßerschar,
Der über’ s Antlitz Tränenströme drangen
Aus grausam-zugenähtem Augenpaar.
da l'altra parte m'eran le divote
ombre, che per l'orribile costura
premevan sì, che bagnavan le gote.
„O Volk,“ rief ich, „das du einst zu empfangen
Des ewgen Lichts Geschenk darfst sicher sein,
Das einzig euer Wunsch ist und Verlangen,
Volsimi a loro e: «O gente sicura»,
incominciai, «di veder l'alto lume
che 'l disio vostro solo ha in sua cura,
So wahr euch bald wird Himmelshuld befrein
Von des Gewissens Schaum, dass voller, reiner
Der Geist euch strömen mag ins Herz hinein –
se tosto grazia resolva le schiume
di vostra coscïenza sì che chiaro
per essa scenda de la mente il fiume,
Sagt mir: weilt aus dem Lande der Lateiner
Hier eine Seele? – Ihr verschafft’ s Gewinn
Und mich erfreut’ s, erzählt man mir von einer!“
ditemi, ché mi fia grazioso e caro,
s'anima è qui tra voi che sia latina;
e forse lei sarà buon s'i' l'apparo».
„O Bruder, jede hier ist Bürgerin
Der e i n e n wahren Stadt; du willst wohl fragen:
Ging sie einst pilgernd durch Italien hin?“
«O frate mio, ciascuna è cittadina
d'una vera città; ma tu vuo' dire
che vivesse in Italia peregrina».
Dies schien erwidernd einer mir zu sagen,
Der etwas ferner saß im Schattenchor,
Drum trat ich vor, mich mehr heranzuwagen,
Questo mi parve per risposta udire
più innanzi alquanto che là dov' io stava,
ond' io mi feci ancor più là sentire.
Wo harrend stand ein Geist mit offnem Ohr;
Und fragt ihr, wie er’s anfing, dies zu zeigen?
Er hielt nach Blindenart sein Kinn empor.
Tra l'altre vidi un'ombra ch'aspettava
in vista; e se volesse alcun dir 'Come?',
lo mento a guisa d'orbo in sù levava.
„Du,“ rief ich, „der sich anstrengt, aufzusteigen,
Warst du es, Geist, der Antwort mir gegeben,
So magst du Stadt und Namen nicht verschweigen.“ –
«Spirto», diss' io, «che per salir ti dome,
se tu se' quelli che mi rispondesti,
fammiti conto o per luogo o per nome».
„Aus Siena bin ich, und mein sündig Streben,“
So rief der Geist, „büß ich in diesem Kreise
Und flehe weinend um ein selig Leben.
«Io fui sanese», rispuose, «e con questi
altri rimendo qui la vita ria,
lagrimando a colui che sé ne presti.
Sapia hieß ich, doch ich war nicht weise,
Denn fremder Schaden stand und fremdes Leid
Höher bei mir, als eignes Glück, im Preise.
Savia non fui, avvegna che Sapìa
fossi chiamata, e fui de li altrui danni
più lieta assai che di ventura mia.
Und dass du zweifelst nicht an meinem Neid,
Hör, wie ich töricht spielte meine Rolle:
Schon sank der Bogen meiner Lebenszeit,
E perché tu non creda ch'io t'inganni,
odi s'i' fui, com' io ti dico, folle,
già discendendo l'arco d'i miei anni.
Als meine Stadtgenossen unweit Colle
Auf ihren Feind in offner Feldschlacht rannten,
Da bat ich Gott um d a s , was selbst er wolle.
Eran li cittadin miei presso a Colle
in campo giunti co' loro avversari,
e io pregava Iddio di quel ch'e' volle.
Und als ich sah, wie sie zur Flucht sich wandten,
Wie sie der Feind zu Paaren trieb und jagte,
Da füllte mich’ s mit einem niegekannten
Rotti fuor quivi e vòlti ne li amari
passi di fuga; e veggendo la caccia,
letizia presi a tutte altre dispari,
Behagen, dass ich dreist zu rufen wagte:
„Jetzt fürcht ich, Gott, dich ferner nicht hienieden,“
Der Amsel gleich, als flüchtge Wärme tagte.
tanto ch'io volsi in sù l'ardita faccia,
gridando a Dio: "Omai più non ti temo!",
come fé 'l merlo per poca bonaccia.
Am Ende meines Lebens wollt ich Frieden
Mit Gott – doch hätten Buße nicht und Reue
Gelindert, was mir nach Verdienst beschieden,
Pace volli con Dio in su lo stremo
de la mia vita; e ancor non sarebbe
lo mio dover per penitenza scemo,
Wenn nicht Pier Pettinajo stets aufs neue
In sein Gebet mich eingeschoben hätte
Aus Nächstenliebe mit beständger Treue.
se ciò non fosse, ch'a memoria m'ebbe
Pier Pettinaio in sue sante orazioni,
a cui di me per caritate increbbe.
Doch wer bist du, der atmend diese Stätte
Betritt, hier unsern Zustand zu erkunden
Mit Augen, glaub ich, ohne lästge Kette?“ –
Ma tu chi se', che nostre condizioni
vai dimandando, e porti li occhi sciolti,
sì com' io credo, e spirando ragioni?».
„Auch mir,“ sprach ich, „wird einst mit Draht verbunden
Das Auge, doch nur kurze Zeit, denn selten
Hat es mit scheelem Blicke Neid empfunden.
«Li occhi», diss' io, «mi fieno ancor qui tolti,
ma picciol tempo, ché poca è l'offesa
fatta per esser con invidia vòlti.
Vielmehr befürcht ich, man wird stolz mich schelten;
Und jetzt schon fühl ich bang mein Haupt sich neigen
Der Steinlast, jene Sünde zu entgelten.“
Troppa è più la paura ond' è sospesa
l'anima mia del tormento di sotto,
che già lo 'ncarco di là giù mi pesa».
Und sie: „Wer war’s, der dich hierher ließ steigen,
Wenn du zurück nach unten glaubst zu kehren?“ –
Ich sprach: „Mich führte, der hier steht im Schweigen;
Ed ella a me: «Chi t'ha dunque condotto
qua sù tra noi, se giù ritornar credi?».
E io: «Costui ch'è meco e non fa motto.
Ich lebe noch, drum kannst du mich belehren,
Erwählte, soll ich meinen Fuß für dich
Bemühn, dir zu erfüllen ein Begehren!“ –
E vivo sono; e però mi richiedi,
spirito eletto, se tu vuo' ch'i' mova
di là per te ancor li mortai piedi».
Sapia sprach: „Wie klingt so seltsamlich
Dein Wort; es zeigt, dass du im Schutze gehst
Des Himmels – darum bete auch für mich.
«Oh, questa è a udir sì cosa nuova»,
rispuose, «che gran segno è che Dio t'ami;
però col priego tuo talor mi giova.
Beim liebsten aber, was du selbst erflehst,
Lass mich dich bitten: bessre mein Gedenken –
Wenn du auf Tusciens Fluren wieder stehst –
E cheggioti, per quel che tu più brami,
se mai calchi la terra di Toscana,
che a' miei propinqui tu ben mi rinfami.
Bei meinem eiteln Volk! Vertraun zu schenken
Verführt’ s jetzt Telamon: in größre Qualen
Als der Dianaquell wird sie’s versenken –
Tu li vedrai tra quella gente vana
che spera in Talamone, e perderagli
più di speranza ch'a trovar la Diana;
Am schlimmsten aber geht’s den Admiralen!“ ma più vi perderanno li ammiragli».
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