Wir hatten schon einen Abriss der gesamten Geschichte des heiligen römischen Reiches, auch die Geschichte Frankreichs bis zum 1300 Jahrhundert hatten wir schon, Thomas von Aquin sind wir zur Hälfte durch und Ptolemäus auch ein gutes Stück. Bis jetzt fand hatte ja der Theaterdirektor in Goethes Faust die volle Zustimmung des Autors:

Wer vieles bringt, wird manchen etwas bringen
Die Masse, kannst du nur mit Masse zwingen

Damit ist auf jeden Fall die Funktionsweise die Funktionsweise des Kinos treffend umschrieben, weiter oben.

Besonders aber laßt genug geschehen!
Man kommt zu schaun, man will am liebsten sehn.
Wird vieles vor den Augen abgesponnen,
So dass die Menge staunend gaffen kann,
Da habt ihr in die Breite gleich gewonnen,
Ihr seid ein vielgeliebter Mann.

Bei Dante allerdings wird diese Strategie grenzwertig, denn irgendwie ist kein roter Faden in dem Gewusel erkennbar. Der 6. Gesang ist jetzt eine Darstellung der römischen Geschichte im Kurzformat. Diese Darstellung wiederum ist derart tendenziös, wirr und teilweise falsch, dass sich einem geradezu die Nackenhaare sträuben. Wer sich für römische Geschichte interessiert, der kann sich ja die zwei Bände von Ernst Kornemann zur römischen Geschichte durchlesen. Die sind zwar stilistisch etwas schwülstig, lesen sich aber gut. Der Versuch Dantes anhand der römischen Geschichte seine abstrusen gesellschaftspolitischen Vorstellungen zu erläutern bzw. zu untermauern, ist albern. Im Grunde erzählt er uns auch nur noch einmal, was er uns bereits schon x-mal erzählt hat: Dass die Lösung aller Probleme in einem starken Kaisertum besteht. Bei einem Minimum an Hirn hätte er aber feststellen können, dass genau das, die Machtanballung in einer Hand, alle möglichen Gefahren mit sich bringt. Wir verlangen ja gar nicht, dass er eine moderne, ausgefeilte Verfassung konzipiert, mit Gewaltenteilung, Demokratie als Herrschaft auf Zeit, einem austarierten Verhältnis zwischen genuin staatlichen Aufgaben und privatwirtschaftlicher Tätigkeit etc., konstatieren jedoch, dass Dante ein Vorgänger jenes Typus ist, der durch die Personalisierung hochkomplexer Probleme das Chaos organisiert. Es fällt sehr schwer, sich in die verengte Perspektive eines mittelalterlichen Menschen hineinzudenken. Weiter kann man sich fragen, ob nicht auch ein Mensch des Mittelalters nicht doch in der Lage gewesen wäre, zumindest Ansätze eines modernen politischen Systems zu entwickeln.

Die Vorlesung zur römischen Geschichte hält jetzt Justinian. Flavius Petrus Sabbatius Iustinianus (geb. 482, gest. 565) war von 527 an Herrscher des byzantischen Reiches. Das byzantinische Reich entstand, als Konstantin der Große im Jahre 330 nach Christus anfing, Byzanz, das spätere Konstantinopel auszubauen und zum Zentrum des römischen Reiches umzugestalten. Die Bedeutung Justitians ergibt sich aus vier Bestrebungen, die er mit unterschiedlichem Erfolg verfolgte. Erstens wollte er das römische Reich in seinen alten Grenzen wieder entstehen lassen, zweitens fasste er das römische Recht zusammen, drittens durch seinen Willen, das gesamte Reich auch religiös zu einigen und viertens durch seine Bautätigkeit. Über die Sinnhaftigkeit, den Erfolg und / oder die moralische Bewertung dieser Bestrebungen kann man sich jetzt natürlich streiten. Der Versuch, die Grenzen des römischen Reiches wiederherzustellen war letztlich nicht nur erfolglos, sondern brachte auch eine Unzahl an Kriegen mit sich. Religiöse Einigung ist ein anderer Ausdruck für die Unterdrückung aller Andersgläubigen. Einzig die Kodifizierung römischen Rechts und die Bautätigkeit findet ungeteilte Zustimmung.

Seit Konstantin dem Sonnelauf entgegen
Den Adler wandte, der dem Lichte war
Mit seinem Ahn gefolgt Laviniens wegen,

Hielt Gottes Vogel sich zweihundert Jahr
Im Grenzgebiet Europas nah dem Hügel
Wo er zuerst erhob sein Schwingenpaar

Im Original

«Poscia che Costantin l'aquila volse
contr'al corso del ciel , ch'ella seguio
dietro a l'antico che Lavina tolse,  

cento e cent'anni e più l'uccel di Dio
ne lo stremo d'Europa si ritenne,
vicino a' monti de' quai prima uscìo;  

Seit Konstantin den Adler richtete '
Entgegen dem Lauf des Himmels,
den jener Alte folgte, der Lavinia freite

Hundert und hundert Jahre hatte der Vogel
Gottes im äußersten Punkt Europas seinen Sitz,
in der Nähe jener Berge, die einst er hat verlassen


Soll heißen, dass Konstantin im Jahre 330 von Rom nach Byzanz zog, also nach Osten und damit entgegen dem Lauf des Himmels, da ja die Sonne im Osten aufgeht und im Westen unter. Von Osten nach Westen ist aber auch der gesegelt, der Lavinia gefreit hat, also Aeneas (dieser war in Troja der Gemahl der Lavinia). Bis er, also Justinianus, an die Macht kam, hielt sich der Vogel, also der Adler der das Reich präsentierte, schon zweihundert Jahre in Byzanz auf, also von 330 bis 527 (so ungefährt 200 Jahre eben).

Es kam im Schatten seiner heiligen Flügel
Das Regiment der Welt von Hand zu Hand,
Bis in die meine kam des Reiches Zügel


Im Original

e sotto l'ombra de le sacre penne
governò 'l mondo lì di mano in mano,
e, sì cangiando, in su la mia pervenne

und unter dem Schatten seiner Flügel
ging die Regierung der Welt von Hand zu Hand
und, so schlussendlich, erreichte er die meine

Es ist anzunehmen, dass die zahlreichen unterjochten Völker weniger friedliche Metaphern für den Expansionismus des römischen Reiches finden würden, aus dem Adler würde wohl eher eine tollwütige Bestie werden oder so.

Kaiser war ich, bin Justinian genannt,
Und habe nach der ersten Liebe walten
Hohlheit und Schwulst aus dem Gesetz verbannt

Im Original

Cesare fui e son Iustiniano,
che, per voler del primo amor ch'i' sento,
d'entro le leggi trassi il troppo e 'l vano

Kaiser war ich und bin Justinian
der, dem Willen folgend der ersten Liebe, die ich fühlte,
aus den Gesetzen verbannte ich das Übermäßige und Eitle

Soll wohl heißen, dass es sein erstes größeres Projekt war, die Gesetze in übersichtlicher Form darzustellen.

Doch eh dies Werk ich anfing zu gestalten,
Hab ich im Wahn gelebt – und war‘ s zufrieden:
Ein Wesen sei in Christo nur enthalten


Also es wird jetzt kompliziert. Die Frage, um die es geht, ist, ob Christus nur göttlicher oder göttlicher wie auch menschlicher Natur sei, eine Frage, die natürlich unbedingt beantwortet werden muss. Irgendwie bringt jede Religion solche urigen Fragestellungen hervor, im Islam etwa versteht wahrscheinlich so im Detail kein Mensch den Unterschied zwischen Sunniten und Schiiten und jeder vermutet, dass es nicht darum geht, ob Alī ibn Abī Ṭ ālib, der Schwiegersohn Mohammeds, der erste Imam war oder nicht, sondern um irgendwas anderes, aber um was es geht, versteht niemand. Genau so wenig versteht irgendjemand die Bedeutung der Frage, ob das göttliche Wesen aus Jesus / Gott / heiliger Geist oder aus Jesus / Gott oder aus Gott alleine besteht. Wie dem auch immer sei, Justinianus war, bevor er sich eines besseren (oder schlechteren?) besann, ein Anhänger des Monophysitismus, also ein Anhänger der These, dass Jesus rein göttlicher Natur sei. Der Autor versteht so richtig schon die Fragestellung gar nicht. Was heißt denn göttlicher Natur? Wie muss jemand sein, der göttlicher Natur ist? Und der Autor? Ist der rein menschlicher Natur? Wirklich interessant ist aber, welche Leidenschaften diese Frage hervorruft. Bei Wikipedia gibt es ja immer eine Diskussion und in der Diskussion zum Begriff Monophysitismus steht folgendes:    

Zum theologischen Unsinn obiger Ausführungen zum Mono- oder Mia- (besonders dies: »daß man unter Monophysiten jene versteht, welche an dem Dogma festhalten, daß Jesus Christus nur eine einzige göttliche oder menschliche Natur hatte« ist hanebüchener Quatsch) werde ich mich hier nicht äußern, da Wikipedia diesbezüglich nur unseriös sein kann, wenn jeder Hansel sich bemüßigt fühlt, sich über Dinge auszulassen, von denen er keine Ahnung hat.

Darum bloß eins zum philologischen Teil: Griechisches „mios“ gibt es nicht. Schon mal das griechische Zahlwort für „eins“ in seinen drei Genera gehört: εἶς, μία, ἔν? – Wer gar kein Griechisch kann, soll meinetwegen gern den Glauben verkündigen, aber in Sachen Theologie und Kirchengeschichte sich auf die Lektüre guter Sachbücher beschränken.

                       Aus: http://de.wikipedia.org/wiki/Diskussion:Monophysitismus  

Wow! Fetzt wie Sau. Bei der Theologie soll man sich auf gute Sachbücher beschränken. Soll das heißen, ich soll mich durch die Summa theologiae des Thomas von Aquin durcharbeiten? Der verlangt aber allerhand würde ich sagen. Ich bin ja mehr so Heine.

Schlage die Trommel und fürchte dich nicht
Und küsse die Marketenderin
Das ist die ganze Wissenschaft

Das ist der Bücher tiefster Sinn

Auf jeden Fall hat Justinian später festgestellt, dass Jesus sowohl eine menschliche wie auch eine göttliche Seite hatte, was immer das auch konkret bedeuten mag.

Da war‘ s dem heiligen Agapel beschieden
Dem Oberhirten, dass er mich bekehrte
Und mir den wahren Weg gezeigt hienieden


Agapitus I (gest. in Rom 536) war Bischof von Rom. Er war von dem Gotenkönig Theodahad beauftragt worden, vermittelnd tätig zu werden und Justinian, von seinem Vorhaben Italien zu erobern, abzusehen. Dies gelang ihm nicht. Dafür gelang es ihm aber, Justinian vom Irrglauben des Monophysitismus zu befreien. Wir vermuten eher, dass es gar nicht um die Frage ging, ob Jesus nun rein himmlischer Natur war oder nicht. Es ging wohl eher darum, den beim Klerus unbeliebten Anthemius I, der ein Anhänger des Monophysitismus war, abzusägen, der war nämlich beim Klerus unbeliebt. Der Autor neigt ja ganz allgemein dazu, hinter religiösen Konflikten konkretere zu vermuten. Er würde folglich auch nicht davon ausgehen, dass es bei den Taliban um Religion geht, es geht um eine ausweglose Situation, bei der das Heil in der Religion gesucht wird. Folgerichtig würde er auch keine Bomben werfen, er würde das Kernproblem lösen, den wirtschaftlich katastrophalen Zustand, also Straßen, Schulen, Krankenhäuser bauen und durch die Pflanzung geeigneter Bäume, z.B. Mandelbäume, die Erosion stoppen. Obwohl Afghanistan in den siebziger Jahren das größte Entwicklungsprojekt Deutschlands war, scheint kein Erkenntnisfortschritt erreicht worden zu sein. Die Talibans machen die Afghanen dann selber platt, dafür brauchen sie keine deutschen Krieger, die dort tiefer im Morast versinken werden. Zahlt man für jedes Kind, das in die Schule geht, 10 Euro im Monat an die Eltern, solange es in die Schule geht, wäre Afghanistan morgen befriedet und billiger wäre es auch noch, Bomben sind nämlich richtig teuer. Die Talibans ähneln Dante insofern, als er religiöse Fragen in den Vordergrund schiebt, weil er auf die konkreteren Probleme keine Antwort geben kann. Das ist auch dasselbe Symptom, an dem die Philologen leiden, wenn auch die Krankheit eine andere ist. Diese beschäftigen sich vor allem mit sich selbst, in der tiefen Überzeugung, dass ihr Kram niemanden interessiert.

Ich glaubte ihm – heute seh ich, was er lehrte,
So klar wie dir vom Widerspruch bekannt,
Dass Wahrheit er und Irrtum nie entbehrte


Im Original

Io li credetti; e ciò che 'n sua fede era,
vegg'io or chiaro sì, come tu vedi
ogni contradizione e falsa e vera.    

Ich glaubte ihm; und jetzt kann ich sein
Bekenntnis klar erkennen, denn wie du
Siehst, besteht ein Widerspruch, ist eines falsch und eines wahr



Es steht die Befürchtung im Raum, dass die simple Feststellung, dass im Falle widerstreiteder Ansichten nur eine richtig sein kann, erkenntnistheoretisch nicht wirklich weiter hilft. Die Frage ist, wie man die richtige Erkenntnis gewinnt. Der Autor würde es da mit Popper halten (Karl Popper, Logik der Forschung) und schlicht behaupten, dass Erkenntnis nichts Endgültiges ist. Was richtig scheint, ist lediglich noch nicht widerlegt worden. Allerdings muss eine Aussage so formuliert sein, dass überhaupt eine Falsifizierung möglich ist. Aussagen, die so vage sind, dass sie mit der Realität nicht mal kollidieren können, sind eben nicht falsifizierbar formuliert und damit Nonsens. Die Palette dieses Typs von Aussagen reicht dann von der Theologie bis zu Sigmund Freud.

Kaum hatte ich gläubig mich zu Gott gewandt,
Als seine Gnade mich zum Ausgestalten
Der großen Werks berief und würdig fand.


Das ist wohl historisch nicht korrekt. Agapitus reiste 536 nach Konstantinopel (heute Istanbul), und hier bewirkte er die Sinnesänderung Justinians. Egal was man jetzt mit das „große Werk“ gemeint ist (die Zusammenfassung römischen Rechts oder die Feldzüge), beides war schon im Gange, als Agapitus in Konstantinopel eintraf. Hinsichtlich der kriegerischen Auseinandersetzungen gegen die Goten in Italien ist das offensichtlich, schließlich hat ja der König der Goten, Theodabad, Agapitus als Vermittler dahin geschickt. Die Digesten, eine Sammlung der Schriften römischer Juristen, erschien 533, also drei Jahre vor dieser Reise. Wir können also, in Anbetracht der Tatsache, dass Dante sich schon in der Chronologie der Ereignisse irrte, davon ausgehen, dass auch er nicht wusste, was genau Justinian zu seinem Sinnenwandel veranlasste.

Die Heerkraft ließ ich Belisar entfalten,
Mit dem des Himmels Rechte so im Bunde,
Dass mir‘ s ein Fingerzeig, mich still zu halten


Belisar führte die Truppen des oströmischen Reiches in fast allen Kriegen, gegen die Perser, die Ostgoten, die Vandalen. Die Beziehung zu Justinian war nicht störungsfrei. 562 wurde er beschuldigt, an einer Verschwörung gegen Justinian beteiligt zu sein. Justinian selber führte seine Truppen nie selbst. Die Argumentation, dass die anfänglichen Siege Belisars als Zeichen Gottes zu deuten sind, sich aus dem Kriegsführung herauszuhalten, ist ziemlich problematisch. Hier scheint entweder bei Dante der altestamentarische Gott der Bibel, der ja seinem Volk immer mal wieder beisteht, näher als die konkrete Erfahrung, oder er hat schlicht eine Terzine gesucht, die da hinpasst. Wenn eine gewonnene Schlacht das Zeichen für Gottes Gunst ist, wird es objektiv Zeit, Gott abzuschaffen, denn er weiß dann offensichtlich nicht, was er tut.

Hier wäre deinem Wunsch genügend Kunde
Gegeben, doch der Inhalt deiner Frage
Heischt einen Zusatz noch aus meinem Munde

Der Inhalt der Frage war, wer er, also Justinian, sei. Das fragt Dante am Ende des vorigen Gesanges.

Damit du siehst, in welch unwürdige Lage
Sich jeder bringt, falls er das heilige Zeichen
Zu rauben oder zu bekämpfen wage.

Was jetzt kommt, ist eine Schilderung des Schicksals derjenigen, die es wagten, sich gegen ihre Unterjochung zu wehren. Wir wissen nicht, wieviel Verstand Dante auf Erden hatte, aber im Himmel scheint ihm das Hirn endgültig weggeschmolzen zu sein.

Der Adler war durch Tugend ohnegleichen
Der höchsten Ehre wert von Anfang an,
Als Pallas starb, die Herrschaft ihm zu reichen.


Im Original

Vedi quanta virtù l'ha fatto degno
di reverenza; e cominciò da l'ora
che Pallante morì per darli regno.  


Sieh durch welche Tugend er würdig
War der Verehrung; alles begann zur Stunde
Als Pallas starb, das Reich ihm überlassend


Pallas war der Sohn des Euander. In der Mythologie der Römer errichtete er sechzig Jahre vor der Zerstörung Trojas eine Stadt. Er war ein Freund des Trojaners Aeneas und stand diesem bei seinem Krieg gegen die Rutuler bei. In den kriegerischen Auseinandersetzungen mit eben diesen starb Pallas. Der, dem das Reich übergeben wurde, ist höchstwahrscheinlich Aeneas. „Er“ ist wahrscheinlich das römische Reich. Worin dessen Tugend nun bestand, verrät uns Dante leider nicht. So spontan fällt einem auch nichts Tugendhaftes ein, man würde spontan eher an eine Räuberbände denken.

Du weißt, dass auf dreihundert Jahr er dann,
Und längere Zeit nach Alba hingeraten,
Bis zwischen sechs der Dreikampf sich entspann.


Es geht immer noch um römische Mythologie. Das hatten wir zwar schon alles, aber das Schema ändert sich nicht, es ist üben, üben, üben. Und immer wieder wiederholen. Alba Longa ist eine Stadt im antiken Latium am Westufer des Albanosees, ungefähr da, wo sich heute Castel Gandolfo, die Sommerresidenz des Papstes befindet. Gegründet wurde sie, so die Sage, um 1152 von Iulus, dem Sohn des Aeneas. Mit den zweimal Drei sind die Horatier (auf römischer Seite) und die Curiatier (auf der Seite Alba Longas) gemeint. Da Remus und Romulus ja Rom gründeten, bestand ein Konflikt um die Macht zwischen Alba Longa und Rom. Unter Tullus Hostilius, dem, so der Mythos, dritten König von Rom, eskaliert der Konflikt zwischen Alba Longa und Rom. Da man, aus Angst vor anderen Feinden, nicht direkt die jeweiligen Heere aufeinander loslassen wollte, kam man überein, anstatt dessen zwei Drillinge, die Horatier und die Curiatier eben, gegeneinander kämpfen zu lassen. Anfänglich obsiegten die Curiatier, also Alba Longa, und nur durch eine List gelang es dem letzten Horatier, also Rom, zu siegen. Er gab vor zu flüchten, woraufhin ihn die Curatier verfolgten. Da sie sich bei der Verfolgung trennten, konnte er sie einzeln besiegen. Alba Longa unterwarf sich also Rom. Dieser Friede dauerte aber nicht lange. Als Alba Longa sich als treuloser Verbündeter erwies, wurde Alba Longa 665 von den Römern zerstört, allerdings erhielten die Bewohner das römische Bürgerrecht. Nimmt man also die oben genannten Jahreszahlen ernst, so vergingen 487 Jahre (1152-665), bis die Macht endgültig nach Rom wechselte.

Jetzt kommt eine ziemlich lange, etwas ennuyierende, Liste aller Schlachten, aus denen Rom siegreich hervorgegangen ist. Aus dieser Liste sollen wir dann irgendwie schließen, dass es eine bodenlose Frechheit und ein zum Scheitern verurteiltes Unternehmen ist, gegen die Macht des Kaisers vorzugehen. Wir teilen naheliegenderweise ja schon nicht die Ansicht, dass es nicht legitim ist, gegen eine Räuberbande vorzugehen, finden aber auch zusätzlich keine Erklärung für die aus Sicht Dantes viel naheliegendere Frage: Warum ist das römische Reich eigentlich so vollständig untergegangen, wenn es so genial war? Man könnte den Verdacht haben, dass außer Dante sich für dieses Reich niemand erwärmen konnte. Arbeiten wir uns also durch die Liste durch.

Kennst vom Sabinerraub an seine Taten
Bis zu Lucretias Schmerz durch jene Sieben,
Die unterworfen alle Nachbarstaaten


Mit dem Raub der Sabinerinnen geht es jetzt chronologisch wieder zurück, das ist eine Sage aus der Anfangszeit Roms. Die Geschichte mit Romulus und Remus hatten wir auch schon, aber die Plots bei den Griechen und Römern sind immer so abwegig, dass man sich das einfach nicht merken kann. Jener schon öfters erwähnte trojanische Prinz Aeneas, der nach vieler Pein und Abenteuer an den Gestaden Italiens landete, hatte zwei Söhne, Amulius und Silvius. Letzterer war eigentlich König von Alba Longa, wurde aber von seinem Bruder abgesetzt. Seine Nichte, also die Tochter von Silvius, machte er die zur Vestalin, damit sie keine Nachfahren zeugen kann, die waren ja keusch, die Vestalinnen.
Diese Rhea Silvia hat dann aber ein Stelldichein mit dem Gott Mars und das blieb nicht folgenlos, es entstanden Romulus und Remus. Diese wurden dann ausgesetzt und von einem Hirten großgezogen. Eines Tages nehmen die Hirten des Silvius die zwei Zwillinge gefangen und nach einigem hin- und her erkennt Silvius dass er der Opa der zwei Bengel ist. Zusammen machen sie dann den Amulius platt. Die zwei kriegen sich dann aber auch in die Wolle, der Apfel fällt ja nicht weit vom Stamm, und Romulus erschlägt seinen Bruder. Das ist die Vorgeschichte, merken müssen Sie sich das nicht, wenn es wieder auftaucht, erzählt es Ihnen der Autor einfach nochmal. Remus und Romulus gründen dann Rom.

In dieser Stadt sammelt sich nun allerhand Heimatlose, Verbannte und Gesindel, aber es fehlt an Frauen. Die Römer luden also die umliegenden Völker zu einer Party ein und als die richtig in Gang war, schnappten sie sich alle unverheirateten Frauen. Anfangs waren natürlich die Väter und Brüder ziemlich sauer, aber die Frauen ließen sich dann doch dazu überreden, die Wüteriche zu heiraten. Die Sabinerinnen setzten dann auch dem kriegerischen treiben der Sabiner ein Ende, indem sie ihren Vätern mitteilten, dass die römischen Jungs eigentlich gar nicht so übel sind. So wurden dann die Römer und die Sabiner ein Volk. Bedenkt man das Rom mythologisch 753 vor Christus gegründet wurde (753, Rom kroch aus dem Ei, da war was gell?!) und Romulus 38 Jahre herrschte, dann muss die Geschichte so etwa um 700 vor Christus stattgefunden haben. Da Dante ja eine Chronologie der heldenhaften Taten Roms gibt, symbolisiert durch den Adler, so ist der Raub der Sabinerinnen irgendwie auch eine Meisterleistung. Rein strafrechtlich gesehen ist es ja § 239 StrGB (Freiheitsberaubung), § 177 StrGB (sexuelle Nötigung) und wohl einiges mehr, aber wir wissen ja bereits, dass Gerechtigkeit bei Dante eine irgendwie himmlische Angelegenheit ist, wobei wir uns natürlich fragen, ob wir ins Paradies wollen, wenn dort diese himmlische Gerechtigkeit herrscht. Über Juristen kann man ja geteilter Meinung sein, aber verglichen damit. .. Lucretia wurde von einem Sohn des Lucius Tarquinius Superbus, des siebten und letzten König Roms, vergewaltigt und beging Selbstmord. Das brachte dann, so der Mythos, das Fass zum überlaufen, er wurde in einem Volksaufstand (509 vor Christus) gestürzt. Die sechs Könige vor ihm haben dann die Nachbarstaaten unterworfen (…durch jene Sieben / Die unterworfen alle Nachbarstaaten..).

Weißt, wie er Brennus, Pyrrhus hat vertrieben
Und gegen Städtebund und Fürstenschar
Mit Romas Helden stets im Sieg verblieben


Also „er“ ist immer noch der Adler, der für Rom steht. Brennus war ein Anführer der Sennonen, eines gallischen Stammes, der die Römer 387 am Allia, einem Nebenfluß des Tiber, vernichtend schlug und in Rom einmarschierte. Nur das Kapitol konnte gehalten werden. Da sich die Senonnen aber allzu sicher glaubten, konnte Marcus Furius Camillus, ein verbannter Heerführer, die Senonnen schlussendlich doch überrumpeln. Pyrrhus ist der bekannteste griechische Heerführer, der sich den Expansionsgelüsten des frühen Rom entgegenstellte. Er prägte den Begriff Pyrrhus Sieg, da er 280 vor Christus die Römer bei Heraclea zwar schlug, dieser Sieg aber mit so hohen Kosten verbunden war, dass er einer Niederlage glich. Wer der Städtebund und die Fürstenschar ist, über die der römische Adler dann weitersiegte, ist unklar, mit ein paar Städten und Fürsten wird sich Rom wohl gekeilt haben. Auf ein bisschen mehr oder weniger Keilerei kommt es nicht an.

Drob Quinctius, so genannt vom wirren Haar,
Torquatus, Decier, Fabier Ruhm gefunden,
Den Ruhm, dem gern ich bringe Weihrauch dar!

Wow! Erinnern Sie sich noch, wir hatten in der Hölle schon prognostiziert, dass Dante irgendwann mal eine Terzine schreiben wird, die nur noch aus Namen besteht, also sowas in der Art.

Maier, Müller, Schulze,
Landivar, Rodriguez, Martínez
Arrowsmith, Jackson, McArthur

Das wäre ein neues poetologisches Prinzip. Der Dichter würde lediglich ein paar Namen in den Raum werfen und mit diesen könnte der Leser, so er denn begabt ist, sich seine eigene Geschichte zimmern. Diese Methode würde auch schnell die Spreu vom Weizen trennen. Der Leser, der das nicht durchsteht, ist halt unbegabt. Das Maximum an Namen, was Dante in der Hölle in eine Terzine verbacken hat, waren vier und jetzt hat er es wieder auf vier geschafft. Das heißt, Sie merken das ja auch an diesem Gesang, dass die Erschlaffung, die wir seither feststellen mussten, wieder behoben ist. Dante ist wieder in Topform. Wer ist also Quinctius? Lucius Quinctius Cincinnatus (geb. 519 vor Christus, gest. 430 vor Christus) wurde vom Senat Roms zum Diktatur bestellt, um die Bedrohung durch die Aequer, Sabiner und Volsker abzuwenden. Es gelang ihm, diese zu besiegen. Danach kehrte er zu seinem Acker zurück. Titus Manlius Torquatus soll um das Jahr 360 im Zweikampf einen riesigen Gallier besiegt haben. Unter seinen Führung brachten die Römer den Latinern in der Schlacht bei Trifanum (338 vor Christus) eine empfindliche Niederlage bei. Bei allen Kommentatoren wird darauf verwiesen, dass Dante alle drei Konsule mit diesem Namen meint, Vater, Sohn und Enkel. Sie kämpften gegen die Latiner (340 v.Christus), gegen die Samniten (295 v. Christus) und gegen Pyrrhos (279 vor Christus). Mit Fabier meint Dante dann endgültig keine einzelnde Person mehr, sondern eine Familie. Im Jahre 477 vor Christus sollen 300 Mitglieder dieser Familie bei einer Auseinandersetzung zwischen den Etruskern aus der Stadt Veji und Rom gefallen sein. Veji wurde von den Römern 396 nach zehnjährigem Kampf zerstört, die Einwohner versklavt. Ein weiterer Fabier, Fabius Maximus Verruscosus, spielte eine wichtige Rolle im Krieg gegen Hannibal.

Arabiens stolzer Leu war überwunden,
Als Hannibal die Alpen überbrückte,
Wo du, o Po, entströmst den Felsenschrunden


Im Original

Esso atterrò l'orgoglio de li Aràbi
che di retro ad Annibale passaro
l'alpestre rocce, Po , di che tu labi .  

Dieser zerschmetterte den Stolz der Araber
die Hannibal folgend überquerten
die Gipfel der Alpen, an der Stelle, wo der Po entspringt

Hannibal war kein Araber, definitiv nicht, und er sprach auch nicht Arabisch, sondern Punisch, eine semitische Sprache, die mit dem Althebräischen verwandt ist. Die Eroberung Nordafrikas durch die Araber fand im 7. Jahrhundert nach Christus statt.

Er war‘ s, der Scipio und Pompejus schmückte,
Das Jünglingspaar, mit grünem Lorbeerreis,
Drob deinem Heimathügel Herzleid drückte


Mit Scipio ist Scipio Africanus gemeint, das ist ein weiterer der endlos langen Reihe der Halbirren, die unbedingt und ständig sich mit irgendjemandem kloppen mussten. Er besiegte in der Schlacht bei Zama (gelegen im heutigen Norden Tunesiens) im Jahre 202 die Karthager. Pompejus war ebenfalls ein großer Krieg, in die Geschichte ging er aber als Gegenspieler Cäsars ein.
Die Bemerkung „..drob deinem Heimathügel Herzeleid drückte…“ bezieht sich wohl auf Fiesole (oder vielleicht auf Pistoia), gegenüber Florenz (in der Nähe). Diese Stadt galt als Hochburg der Catilinarier.  Als dann die Zeit sich nahte, wo der Kreis Der Welt erfüllte neuer Himmelschein, Nahm Cäsar selbst den Aar auf Roms Geheiß

Im Original

Poi, presso al tempo che tutto 'l ciel volle
redur lo mondo a suo modo sereno,
Cesare per voler di Roma il tolle .  

Dann als die Zeit sich nahte, dass der
Himmel wollte, die Welt vereinen unter seinem Frieden,
nahm Cäsar ihn den Wünschen Roms entsprechend

Also das müssen wir uns jetzt auf der Zunge zergehen lassen und sicherheitshalber schauen wir uns auch die anderen Übersetzungen an.

Gmelin

Und um diese Zeit, zu der der ganze
Der Erde seinen Frieden schenken wollte
Hat Cäsar es, nach Romas Wunsch, getragen

Falkenhausen

Als nah die Zeit dann da der Himmel schon
Die ganze Welt zum Frieden wollte führen,
Erhob es Cäsar, Roms erwählter Sohn


Also in der Terzine stehen tatsächlich zwei Dinge. Erstens, dass Rom der Welt den Frieden brachte und zweitens, dass Cäsar von Rom erwählt wurde. Dies wiederum wirft dann die Frage auf, ob Dante in seinen späten Lebensjahren noch im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte war. Es sei ja konzediert, dass ihn jener Zeit praktisch alle Völker Räuberbanden waren und man mit einigem guten Willen die Eroberung Galliens und Germaniens auch als Präventivkrieg bezeichnen kann. Realistischer ist die Sichtweise, dass hier eine Räuberbande die anderen platt gemacht hat. Wie Dante auf die Idee kommt, dass Rom Cäsar mit irgendwas beauftragt hat, ist völlig schleierhaft. Diesen Auftrag hatte er nur zu Beginn der Feldzüge gegen Gallien, später handelte er eindeutig gegen den Willen Roms. Die Überquerung des Rubicon am 10. Januar 49 v. Chr. geschah gegen den ausdrücklichen Willen des Senats. Cäsar löste damit den ersten Bürgerkrieg aus. Eine Episode, die Dante ausspart, sie wäre mit seiner These von einem durch einen Kaiser gesicherten Frieden nicht vereinbar.

Ab dann klingt das alles wie eine spätpubertäre Gewaltphantasie eines desorientierten, durchgeknallten älteren Herrn. Merkwürdig bei Dante ist, dass im Himmel alle als Engelchen vom göttlichen Licht durchflutet in ewiger Liebe und Harmonie durchs Paradies segeln, aber auf Erden ein Zustand gepriesen wird, bei dem es auf jeden Interessenskonflikt nur eine Antwort gibt: Die nackte, brutale Gewalt.

Was er bewirkt vom Varus bis zum Rhein,
Saone und Seine sah‘ s und was im Sprunge
Sonst talwärts in die Rhone stürzte

Im Original

E quel che fé da Varo infino a Reno,
Isara vide ed Era e vide Senna
e ogne valle onde Rodano è pieno.  


Und was er tat vom Var bis an den Rhein
Die Saône und der Isère sah es wie auch die Seine
und jedes Tal, dass der Rhône füllt

Var ist ein kleiner Fluss bei Nizza, der Rhein ist jener Fluss, der allein durch das Gedicht von Heine (Ich weiß nicht was soll es bedeuten / Dass ich so traurig bin…) der Menschheit ein Begriff ist. Diese beiden Flüsse beschreiben so mehr oder weniger die Ausdehnung des römischen Reiches jenseits der Alpen. Die Saône (Fluss in Ostfrankreich, entspringt in den Vogesen und mündet bei Lyon in die Rhône). Sie waren dann Zuschauer des vom Adler veranstalteten Gemetzels. Die Isère ist ebenfalls ein Fluss in Südostfrankreich. Sie entspringt in den Savoyer Alpen und durfte dem Schlachten ebenfalls beiwohnen.

Es wird jetzt Zeit, den Ideologien dieser Welt auch musikalisch den Kampf anzusagen.

Hier

Quiero sentir el despertar del canto
que incluso en las piedras duerme
y que se entienda en el fondo de cualquier alma
la luna que brilla, clara y resplandeciente

Quiero tener un tambor para tocar la utopía
en los ojos del gusano más vil
asomar la sorpresa
y quiero ver desaparecer cualquier ideologia

quiero que no hayan verdades
que la piel no sienta
y que entre la piel y el puño
aparezca la belleza  

Ich möchte, dass der Gesang erwacht, der selbst noch in den Steinen ruht
dass man erfährt, dass im Grunde jeder Seele
hell und klar, der Mond ruht

Ich möchte eine Trommel haben, darauf die Utopie zu trommeln
noch in den Augen des gemeinsten Wurms
möchte ich Erstaunen sehen
möchte, dass es keine Ideologien mehr gebe

Ich möchte, dass es keine Wahrheiten mehr gibt
die die Haut nicht spürt
und dass zwischen der Haut und der Faust
die Schönheit entsteht

This song is sponsored, powered and provided by infos24 GmbH. Dante gehört dann zur Kategorie Stein, den es zu erwecken gilt, bzw. zur Kategorie Wurm, den es zu bekehren gilt. Wir haben dazu klare Ansichten. Eingespielt von Cristina Rico und Miroslava Rodríguez Martínez.

Wie aus Ravenna dann in stolzem Schwunge
Den Rubikon der Aar durchschritt im Flug,
Das schildert keine Feder, keine Zunge


Mit dem Adlerflug ist dann tatsächlich der Einmarsch der Truppen Cäsars 10. Januar 49 v. Chr. in römisches Territorium gemeint (also die Überschreitung des Rubicon gegen den Willen des Senats und der Beginn des Bürgerkrieges). Geschildert wird das allerdings sehr oft, nämlich als das Ende der römischen Republik und als klarer Rechtsbruch. Auch bei dem was dann kommt, hat Dante irgendwas nicht richtig verstanden. Die Schlachten, die er jetzt beschreibt, waren Schlachten Römer gegen Römer, es sind Schlachten eines Bürgerkrieges. Die Antwort, was daran heroisch war, hat er mit ins Grab genommen, wahrscheinlich war er schon tot, bevor irgendjemand bis zum sechsten Gesang des Paradieses vorgedrungen war, so dass ihn keiner mehr fragen konnte. Er hätte aufgrund seiner eigenen Erfahrung mit Bürgerkriegen und Kriegen, die von irgendwelchen Parteien angezettelt wurden (schwarze / weiße Guelfen, Ghibellinen, Einmischung Frankreichs etc.) in etwa wissen können, was das bedeutet.

Zurück nach Spanien ging der Heereszug,
Durazzo wankte, Pharsalus sank nieder,
Dass schmerzlich selbst das Herz dem Nilstrom schlug


In Prosa klingt das natürlich weit weniger romantisch. Nachdem Cäsar in Italien einmarschiert war, gelang es dem römischen Senat unter Führung von Pompeius nicht, genügend Truppen aufzustellen, um sich ihm entgegenzustellen. Der Senat verließ also Rom und verlagerte seinen Sitz nach Griechenland, um von dort aus den Widerstand zu organisieren. Cäsar beschloss daraufhin erstmal die Pompeius ergebenen Truppen in Spanien zu schlagen (...zurück nach Spanien ging der Heereszug...). Die sieben Legionen des Pompeius wurden in kurzer Zeit vernichtet. Mit "Durazzo wankte" wird auf die Schlacht von Dyrrhachium angespielt, das ist der griechische Name für Durazzo. Am 4. Januar 48 , aus Spanien zurückgekehrt, setzte Caesar nach Epirus (Südwesten der Balkanhalbinsel) über, um Pompeius dort zu schlagen. Caesar stellte fest, dass Pompeius sich in Dyrrhachium verschanzt hatte. Der Verlauf dieser Schlacht ist kompliziert, eine ausführliche Schilderung findet sich hier:

Das Ergebnis ist jedoch, dass Cäsar eine Niederlage erlitt, die er in der Schlacht bei Pharsalos am 9. August 48 vor Christus ausmerzte. In dieser wurde Pompeius endgültig ausgeschaltet. Das mit dem "schmerzlich selbst das Herz dem Nilstrom schlug" ist nicht wirklich verständlich. Die unmittelbaren Wirkungen dieser Schlacht für Ägypten waren gering. Nachdem die Schlacht bei Pharsalos verloren gegangen war, flüchtete Pompeius nach Ägypten wo er von Ptolemaios XIII hingerichtet wurde. Seinen Kopf übergab man später Cäsar.

Sah den Antandros und Simois wieder,
Den Heimatfluss, sah Hektors Grab und schwang
Zu Ptolemäus Unheil sein Gefieder

Worauf er wie ein Blitz auf Juba drang,
Dann westwärts flog unaufgehaltenen Jagens,
Wo laut ihm des Pompejus Tuba klang.


Nicht schlecht, das ist zumindest guter Durchschnitt. Drei Namen in der ersten Terzine und zwei Ostereier in der zweiten Terzine. Sie erinnern sich? Poetologisch muss man bei Dante zwischen der Namensnennung und den Ostereiern unterscheiden. Wenn der Name genannt ist, muss man nur noch rausfinden, wer es ist, das ist vergleichsweise einfach. Subtiler sind die Ostereier. Beim Osterei müssen Sie zuerst rausfinden um wenn es sich überhaupt handelt und dann noch herausfinden, wer es ist. Die Qualität einer Terzine berechnet sich also nach folgender Formel.

b * a + c* o = Q

b= Gewichtungsfaktor für Namen (b <1)
a = Anzahl der Namen
c= Gewichtungsfaktor für Ostereier (c > 1)
o = Anzahl der Ostereier
Q = Qualität

Damit lassen sich dann die zwei Terzinen oben präzise vergleichen.

0,6 * 4 + 1,2 * 0 = 2,4
0,6 * 0 + 1,2 * 2 = 2,4

Sie sehen also, dass die obigen zwei Terzinen gleichwertig sind.

Obwohl uns also schon die mathematische Methode erlaubt, den Wert einer Terzine korrekt zu berechnen, eine inhaltliche Erläuterung eigentlich überflüssig ist, gehen wir, für die mathematisch weniger Begabten, auch inhaltlich auf die Terzinen ein.

Die Terzine

Sah den Antandros und Simois wieder,
Den Heimatfluss, sah Hektors Grab und schwang
Zu Ptolemäus Unheil sein Gefieder

Gibt jetzt insofern Rätsel auf, als dass kein Mensch weiß, was sie hier eigentlich verloren hat. Nach Vergil soll Aeneas von Antandros aus losgesegelt sein, als er seine lange Reise nach Italien begann. Simois ist ein Fluss der auf dem Berg Ida entspringt, also in der Nähe von Troja. Dass Cäsar Hektors Grab sah, finden wir natürlich gut, denn außer Cäsar hat das noch niemand gesehen. Der große florentinische Dichter will uns also ganz geschickt darauf hinweisen, dass Cäsar sich in der Tradition der Helden Roms einreihte und seiner Hochachtung für Aeneas, also dem Gründer Roms, Ausdruck verlieh. Wir vermuten eher der gute Cäsar war so machtgeil wie nur irgendwer und Aeneas ging ihm völlig am Arsch vorbei. Mit dem Ptolemäus geht das dann so. Ptolemaios XIII hatte zwar mitgeholfen, dem Pompeius die Rübe abzusäbeln, aber so richtig war der Imperator wohl nicht überzeugt. Eigentlich sollte Ptolemäus XIII mit seinem Schwesterherz Kleopatra regieren, aber die zwei mochten sich nicht, das scheint ja bei Geschwistern immer so zu sein, besonders kritisch bei Brüdern. Nach längerem Hin und Her und Palastrevolte rauf und runter kam es zur Schlacht. Ptolemäus XIII flüchtete auf einem Schiff, das aber unterging. So wird dann Kleopatra Königin und Cäsar könnte endlich mal das tun, was ein richtiger Mann macht, mit seiner Geliebten Spaß haben und die Welt in Ruhe lassen. Das tut er natürlich nicht, wie wir in der nächsten Terzine erfahren.

Worauf er wie ein Blitz auf Juba drang,
Dann westwärts flog unaufgehaltenen Jagens,
Wo laut ihm des Pompejus Tuba klang.

Mit Juba ist Juba I gemeint, König von Numidien (heute Tunesien und Algerien). Numidien stand unter der Herrschaft Roms. Er schlug sich auf die Seite des Pompeius und auch nach der Schlacht bei Pharsalos dominierten die Anhänger des Pompeius in Afrika. Unser edler Recke mit seinem Aar musste also noch mal kurz seine Fittiche in die Höhe schwingen und in der Schlacht bei Thapsus (46 vor Christus) klar Schiff machen. Nachdem die Schlacht verloren war, beging Juba Selbsmord. Das meint dann auch die Zeile Pompeius Tuba, die im Westen klang. Westlich von Ägypten liegt nun mal Tunesien / Algerien.

Was dann Augustus tat, beheult voll Zagens
Cassius und Brutus hinterm Höllengatter,
Perusium und Mutinas beklagens

Im Orginal

Di quel che fé col baiulo seguente,
Bruto con Cassio ne l'inferno latra,
e Modena e Perugia fu dolente.  

Was es tat beim nächsten Herrscher,
darob heulen Bruto und Cassio in der Hölle
und schmerzhaft war‘ s für Modena und Perugia


Jetzt kommt ein kleiner zeitlicher Sprung von zwei Jahren, der ein Ereignis einleitet, dass die Römer zwar schwer beschäftigen wird, aber am Gang der Weltgeschichte nichts ändert, diese wird ausschließlich von Werken des Geistes und technischem Fortschritt getrieben, die Keilerei der Kinners spielt da keine Rolle. Am 15. März 44 v. Chr. wird Cäsar von Cassus und Brutus ermordert, das Elend muss ja schließlich mal ein Ende haben. Dafür setzt Dante, das wissen wir ja bereits, auch wenn wir diesen Schritt nicht nachvollziehen können, in den tiefsten Kreis der Hölle. Allerdings sieht außer Dante das niemand so. Was den Augustus (in der Zoozmann Übersetzung) angeht, handelt es sich um ein Osterei, dass Zoozmann schon gefunden hat. Der nächste Herrscher ist tatsächlich, nach dem zweiten Bürgerkrieg, Augustus, ehemals Octavian, ein Großneffe Cäsars. Was Zoozmann veranlasst hat, Modena und Perugia zu Perusium und Mutinas mutieren zu lassen, wissen wir nicht. In der Nähe von Modena wurden die Anhänger Antonios von Octavian geschlagen. Perugia wurde platt gemacht, weil sich dort die Anhänger Antonios versteckt gehalten hatten.

Kleopatra auch weinte, vorm Geflatter
Der Römerbanner fliehend, bis die Bange
Den schnellen Tod erkor vom Stick der Natter


Das geht jetzt so: Zuerst stürmten Octavian und Antonius noch zusammen gegen Cassus und Brutus und in der Keilerei von Philippi im Jahre 42 v. Christus siegten. Bleiben also zwei Chaoten übrig, nämlich Octavian und Antonius. Kleopatra macht nun das einzig Vernünftige, sie schmeißt sich in hocherotische Klamotten und sorgt dafür, dass Antonius glatt aus den Latschen kippt. Ob sie dem Esel dann noch Manieren beigebracht hat, ist nicht überliefert, aber immerhin hatte der biedere Römer zumindest mal Anflüge von Humor, er zog mit ihr sogar verkleidet durch Alexandria. Die ganze Weltgeschichte wäre jetzt natürlich anders verlaufen, wenn sie Cassus noch zu einem flotten Dreier hätte überreden können, aber der zog ja immer noch als Wolf durch die Kriegschauplätze, da lernt man einfach keine Lebensart. Octavian macht also das, was die frustrierten Wölfe immer machen, er zettelt einen neuen Krieg an und es kommt am 2. September 31 vor Christus zur Seeschlacht, bei der die Flotte des Antonius weitgehend versenkt wird. Antonius und Kleopatra können flüchten. Schließlich nach ein paar weiteren Techtelmechteln bringt sich Antonius um. Die genauen Umstände des Todes von Kleopatra sind ungeklärt. So in dem Stil geht es dann weiter.

Das rote Meer gab Halt dem Siegesgange,
Hier schloss der Aar des Janustempels Tor,
Dass Frieden rings die müde Welt erkor,

Doch was er alles, den mein Wort beschwor,
Vorher und nachher tat als Siegeszeichen
Dass Gott zur Herrschaft ob der Welt erkor

Es scheint gering und muss an Glanz verbleichen,
Wenn wir‘ s mit dem in dritten Cäsars Hand
Vorurteilslos und scharfen Blicks vergleichen


Der Janustempel in Rom wurde geschlossen, wenn Rom gerade mit niemand Krieg führte. Bautechnisch wäre es da am einfachsten gewesen, man hätte gar keine Türen und Fenster eingebaut, die die Räuberbande führte eigentlich immer Krieg. Dante meint aber die Pax Augusta, da war Rom militärisch so stark, dass es alle Konflikte mühelos unterdrücken könnte. Frieden stellt man sich eigentlich anders vor. Das alles was er aber bis jetzt getan hat, der Aar, war nichts im Vergleich mit den Heldentaten des dritten Cäsars, also mit Titus. Das kann ja heiter werden.

Denn das lebendige Recht, das mich beflügelt
Hat ihm den Ruhm gewährt, in seinen Händen
Die Rache mit dem eigenen Zorn zu üben

Wir verstehen zunehmend, warum die Fiorentiner Dante ins Exil geschickt haben. Anstatt ein Lied über die Frauen von Florenz zu dichten, mosert der verbiesterte Wolf an ihrer Kleidung rum. Wir nehmen an, die Fiorentinerinnen hatten soviel Spaß, wie die Blumen Valencias. Wäre er nicht so verknittert gewesen, hätte er seine Beatrice vergessen und auch gar nicht mehr ins Paradies gewollt. Über die Blumen Valencias haben wir ja ein Lied komponieren lassen.

Hier

Ay Valencia que tierra tan lejana
que tipo de flores habrá ahí
como mirarán la luna estas flores
y que tipo de música les hará sonreir?

Cómo murmurán las olas en estas tierras
y que serán los sueños de las chicas
que se bañan ahí y si no suenan
qué tipo de carcajadas, se podrá oír

Y que piensa la luna de todas las chicas
que duermen ahí les sonrié cuando suenan
o les hace cosquillas, para verlas reir?

Oh Valencia, weit entferntes Land
welche Blumen wachsen dort
wie betrachtet der Mond diese Blumen
und welche Musik lässt sie lächeln

Wie murmeln die Wellen in diesen Land
und was sind die Träume der Mädchen
die dort baden
und wenn sie nicht träumen, was für ein Lachen wird man hören

Und was denkt der Mond über all die Mädchen
die dort schlafen
lächelt er sie an wenn sie schlafen
oder liebkost er sie, um sie lachen zu sehen

This song is sponsored, powered and provided by infos24 GmbH.

Titus wies also dem Aar die rechte Bahn. Im Original sieht die Terzine so aus.

Or qui t'ammira in ciò ch'io ti replìco:
poscia con Tito a far vendetta corse
de la vendetta del peccato antico.  

Gib nun acht aus das, was ich dir sage
den mit Tito schwang er sich empor
Zu rächen, die alte Sünde  


Man könnte jetzt an Shakespeare denken, „Dunkel ist seiner Rede Sinn“, das passt aber nicht, denn würde man es konsequent durchziehen, dann hätten wir sowas.

Dunkel ist seiner Rede Sinn
Dunkel ist seiner Rede Sinn
Dunkel ist seiner Rede Sinn
Dunkel ist seiner Rede Sinn
Dunkel ist seiner Rede Sinn  

Sie sehen also sofort ein, das geht gar nicht. Also was er uns sagen will ist das. Titus hatte das Oberkommando über die Armee die 70 nach Christus den Tempel in Jerusalem zerstörte. Der Grund war aber nicht, den Tod Jesu zu rächen, der, davon geht Dante wohl aus, von den Juden „ermordet“ wurde, sondern schlicht Geldmangel. Rom brauchte Geld und da war was zu holen. Nimmt man es jetzt genau, entsteht natürlich ein Widerspruch. Jesus musste am Kreuz sterben, damit die Erbsünde getilgt wird. Wenn er aber am Kreuz sterben musste, dann musste es ja auch jemanden geben, der ihn da hinbringt (er hätte natürlich auch an Alzheimer, Krebs sterben können oder vom Gaul fallen, aber das gilt irgendwie nicht). Folglich erfüllen ja, rein logisch betrachtet, die Juden nur einen göttlichen Plan, es gab also nichts zu rächen. Diese Frage wird er dann im nächsten Geträller lösen. Sie sehen also, dass eine Ähnlichkeit besteht zwischen Computern und Dante. Beide lösen Probleme, die wir ohne sie gar nicht hätten.  Jetzt kommt ein Salto Mortale. Bekanntlich ist das römische Reich ja irgendwann mal untegegangen, außer Dante fand also niemand die Idee des alleinherrschenden Kaisers bzw. die Vorstellung, dass eine Räuberbande die Welt beherrscht, richtig prickelnd. Dieser Abschnitt wird jetzt aber glatt übersprungen, wir landen bumsfallera bei dem Einfall der Langobarden in Italien.

Und als verletzt der Langobardenzahn
Die Kirche, sah man unter seinen Schwingen
Als Sieger Karl den Großen hilfreich nahn


Dunkel ist seiner Rede Sinn. Die Langobarden sind dem Autor natürlich erstmal sehr sympathisch, über sie lesen wir bei Wikipedia: 552 begleiteten viele langobardische Krieger den oströmischen General Narses nach Italien, um gegen die Ostgoten zu kämpfen. Sie wurden aber aufgrund ihrer Disziplinlosigkeit bald entlassen.  

Hier

Das wäre die Lösung aller Probleme, Disziplinlosigkeit. Sympathisches Volk, die Langobarden, zumindest solange sie disziplinlos waren. Angespielt wird auf die Eroberung Italiens durch Karl den Großen im Jahre 774. Zum König des Langobardenreich in Italien hatte sich Desiderius aufgeschwungen. Dessen Tochter ehelichte wiederum im Jahre 770 Karl der Große. Aus einer Reihe von Gründen kommt es aber zum Konflikt zwischen Desiderius und Karl dem Großen. Erstens verstieß Karl der Große seine Gattin und zweitens versuchte Desiderius sein Herrschaftsgebiet in Italien gegen den Willen des Papstes auszudehnen. Drittens versuchte er auch noch die Söhne des Bruders Karls des Großen, Karlmann, vom Papst zu fränkischen Königen salben zu lassen, was dieser verweigerte. Daraufhin besetzte Desiderius einen Teil des unter der Herrschaft des Papstes stehenden Gebietes. Hadrian rief Karl den Großen zur Hilfe, der 774 Desiderius in Pavia stellen konnte. Desiderius wurde nach Frankreich gebracht, wo er den Rest seines Lebens als Gefangener verbrachte. Das langobardische Königtum ging auf Karl den Großen über.

Nun wird dir selbst ein Urteil wohl gelingen
Für die, die ich verklagt um ihr Vergehen,
Draus eures Unglücks Wurzel all entspringen!

Wie üblich ist Dante klar im Vorteil, er versteht das, wir nicht. Bis jetzt hatte er uns nachweisen wollen, dass es völlig sinnlos ist, wider den Aar zu streiten, also das Kaisertum. Wer das tut, muss untergehen, die Diktatur muss man einfach akzeptieren. Der Autor neigt ja nicht dazu, heroische Taten anzumahnen, er würde eher dafür plädieren, die politsche Ordnung so zu gestalten, dass eine austarierte balance of power entsteht, in etwa so wie sie in der Verfassung dieser unserer Republik festgeschrieben ist, dann braucht es gar keine Helden mehr, das ist das Allerbeste. Das Problem dieser unserer Republik besteht nun darin, dass die Verhältnisse zunehmend undurchschaubar werden, weil ein immer größerer Teil des BSP durch staatliche Organisationen verwaltet wird, das heißt von Einheiten, die zwar Macht, aber keine Kompetenz haben. Zahlreiche dubiose staatliche Subventionen, Prestigprojekte, Förderung von Kulturtamtam à la Goethe Institut etc. würde wohl unterbleiben, wenn die mit diesen Maßnahmen staatlich Beauftragten nicht versorgt, sondern ganz im Gegenteil, mit ihrem Privatvermögen haften würden. Man sollte den Staat wieder auf das zurückfahren, was genuin seine Aufgaben sind, und der Staat sollte sich vor allem mal um seine ganz primäre Aufgabe kümmern: Bildung. Hier gibt es eine Menge zu tun. Die Kontrolle des Staates kann wohl letztlich nur noch über das Internet erfolgen. Nur dort ist genug Insiderwissen vorhanden, um den Laden zu kontrollieren. Die eigentliche Panzerfaust der Demokratie sind nicht mehr die Parteien, sondern das Internet. Mal als Beispiel. Der Staat erklärt die deutsche Sprache und die deutsche Kultur zum Sanierungsfall, ohne Subventionen überlebt sie nicht, so meinen die Steinmeiers, Merkels und Neumanns dieser Welt. Deswegen pumpt man allein in so einen Trümmerhaufen wie das Goethe Institut 160 Millionen Euro, die Gesamtsumme die für die Förderung der Kultur im Ausland ausgegeben wird, dürfte sich alles zusammengenommen (Deutsche Welle, DAAD, Carl Duisburg Gesellschaft auf eine satte halbe Milliarde Steuergelder belaufen. Wir merken an, dass weder die deutsche Sprache noch die deutsche Kultur ein Sanierungsfall ist, der unter Einsatz von Steuermitteln saniert werden müsste. Wir, also die infos24 GmbH, verdienen damit sogar Geld und wir betreiben das gnadenlos theoretisch, knochentrocken und langweilig, nix mit Bilderchen und so. Die Leute sind nicht blöd, sie wissen, dass man manchmal nur einen Vorteil hat, wenn man sich ernsthaft mit etwas beschäftigt. In Zahlen: Die www.curso-de-aleman.de www.german-grammar.de www.allemand-online.de www.tedesco-online.de haben pro Tag 4000 Besucher bei stetiger Steigerung. Wir erzielen damit wohl eine größere Wirkung, als die ganzen staatlich subventionierten Trümmertruppen zusammen. Man könnte allerdings das Geld einsetzen zur Lösung ganz konkreter Probleme. In Afrika braucht man kein Goethe Institut, aber Wasseraufbereitungsanlagen und Medikamente. Die Gründung von Goethe Instituten in Afrika ist gutes Dante Niveau. Es werden höchst merkwürdige Probleme gelöst, anstatt der sehr konkreten. Die deutsche Sprache und Kultur wird blühen und gedeihen, wenn Deutschland das Land ist, das mal ganz handfeste Probleme anpackt. Wenn Deutschland das Land ist, das für gelangweilte Hausfrauen in Buenos Aires irgendwelchen verquasten Kulturquark organisiert zu dem sich dann 5 Teilnehmer anmelden, von denen die Hälfte nach der Hälfte der Zeit wieder abspringt, wird diese unsere Republik irgendwann mal als eine Horde Durchgeknallter wahrgenommen. Anstatt diese merkwürdigen Trümmerhaufen à la Goethe Institute zu subventionieren, wäre es günstiger, die Universitäten weiter für ausländische Studierende zu öffnen und diese auch mehr zu unterstützten, zum Beispiel in dem die Inhalte der Lehre zumindest im Internet in mehreren Sprachen aufbereitet werden, die Angebote mehr auf konkrete Bedingungen in den jeweiligen Ländern zugeschnitten werden, eine stärkere Verzahnung zu konkreten Projekten in diesen Ländern hergestellt wird etc. etc. Man kann viel machen, aber der blasierte, seinen fetten Bauch der Pensionierung entgegenschleppende vergeistigte Beamte wird nichts tun, was irgendwie Sinn macht, geschweige denn sich überhaupt mal über irgendwas Gedanken machen.

Wider das Reich lässt der die Lilien wehen,
Der lässt die goldenen flattern für Parteien-
Schwer urteilt man, wo größere Schuld zu sehen?

Im Original

L'uno al pubblico segno i gigli gialli
oppone, e l'altro appropria quello a parte,
sì ch'è forte a veder chi più si falli.  

Der eine hält ihm das Zeichen der goldenen Lilien
Entgegen, der andere missbrauchts zu seinem Zwecke
Schwer ist es zu sagen wer tiefer sündigt

Die goldenen Lilien sind das Wappen der französischen Könige, mit diesem verbündete sich zeitweise das Papstum. Die anderen mißbrauchen den römischen Adler (also das Kaisertum) für ihre eigenen Zwecke. Wer von diesen beiden mehr Unrecht tut, ist, so Dante, schwer zu sagen. Die Lösung, die Dante für gesellschaftliche Konflikte vorschlägt, ist also eine starke Zentralmacht, die alle Konflikte ausschließlich und prompt militärisch löst, denn niemand wird auf die Idee kommen, dass das römische Reich von irgendeiner Idee zusammengehalten wurde, es war die nackte militärische Macht, die den Zusammenhalt garantierte. Das ist der Zustand, den er wieder anstrebt.

Wir sind also höchst verblüfft, wenn wir sowas lesen.

Die Deutsche Dante-Gesellschaft hat vorrangig das Ziel, die Beschäftigung mit Persönlichkeit und Werken Dante Alighieris (1265-1321) sowie mit seiner Epoche im deutschen Sprachgebiet lebendig zu erhalten und zu fördern. Sie will nicht nur das literarische und intellektuelle Erbe des Autors weitertragen, sondern sich ebenso mit dessen Aktualität auseinandersetzen. Deshalb richtet sie sich auch gerade an jüngere Wissenschaftler und Leser. Ein starkes aktuelles Interesse für Dante spricht aus der ständig wachsenden Zahl wissenschaftlicher und schriftstellerischer Veröffentlichungen, aus der weiten Verbreitung der zahlreichen deutschen Dante-Übersetzungen und immer mehr auch aus der Rezeption Dantes in nicht-literarischen und neuen Medien (Kunst, Theater, Film, Videokunst).  

Hier

Sie, die Dante Alighieri Gesellschaft, will sich also mit dessen Aktualität auseinandersetzen. Da wüssten wir dann schon gerne, wie das genau passieren soll. Man könnte ja mal untersuchen, ob Dante überhaupt ein Anhänger der freiheitlich demokratischen Grundordnung ist. Der Autor kann beim besten Willen nicht erkennen, was an Dante aktuell sein soll. Aktuell daran ist lediglich, dass er nach dem starken Führer schreit, der das Reich einigt. Irgendwie hatten wir diese Variante schon und sie steht als Gefahr immer am Horizont. Insofern ist Dante tatsächlich ein höchst aktueller Mahner. Wenn es tatsächlich eine ständig wachsende Anzahl wissenschaftlich und schriftstellerischer Veröffentlichungen zu Dante gibt, dann zeigt das lediglich, dass die Jungs und Mädels von der verbeamteten Geistesfront, die Dante Alighieri Gesellschaft setzt sich überwiegend aus diesem Personenkreis zusammen, etwas desorientiert sind. Das Problem sitzt aber vielleicht tiefer. Wer Literatur instrumentalisiert, um seinen Namen zu verlängern und sich den versteinerten Verhältnissen anpasst, richtet sich selbst so zu, dass er in das System passt. Damit verliert er aber den Kontakt zu genau dem, was Kunst ausmacht, die spontane begrifflose Wahrnehmung der Realität. Wer diese aber verliert, kann anderen keinen Zugang mehr vermitteln. Außer hohlen Phrasen, hat er nichts mehr auf der Pfanne. In letzter Konsequenz lässt man dann Phrasendrescher auf kleine Kinder los.  

Der Ghibellin mag seine Künste weihen
Mit anderen Zeichen! Jeden packt die Reue
Wer mit dem Rechte will den Aar entzweien

Im Original 

Faccian li Ghibellin, faccian lor arte
sott'altro segno; ché mal segue quello
sempre chi la giustizia e lui diparte;  

Sollen doch die Ghibellinen ihre Kunst
Unter einem anderen Zeichen treiben; schlecht ist gehandelt
wenn die Gerechtigkeit sich von ihm trennt


Soll heißen, dass die Ghibellinen den Adler, also das Kaisertum, für ihre Zwecke missbrauchen, denn bei jenen marschiert der Adler nicht im Sinne der Gerechtigkeit. Wir würden sagen, dass Dante nun endgültig im Reich des wilden Schwadronierens angekommen ist. Kein römischer Historiker, kein zeitgenössischer Historiker und absolut niemand käme auf die Idee zu behaupten, dass Gerechtigkeit für die Cäsaren und Kaiser ein besonderes Anliegen war. Wie Dante auf die Idee kommt, dass eine starke Zentralmacht Gerechtigkeit herstellt, ist sein tiefstes Geheimnis. Es gibt ja eine wilde Diskussion über den Islamunterricht an Schulen, dieser soll unter staatlicher Kontrolle bleiben, das ist so weit in Ordnung. Man kann sich aber auch fragen, was an deutschen Universitäten so alles gelehrt wird und ob tatsächlich alle Professoren in der Lage sind, abwegige Vorstellungen, die in manchen literarischen Werken vertreten werden, korrekt zu verorten.

Der neue Karl mit seinen Guelfen scheue
Die Klaue, die zerzaust schon manchen Leuten,
Ob er sich größerer Kräfte auch erfreue

Im Original

e non l'abbatta esto Carlo novello
coi Guelfi suoi, ma tema de li artigli
ch'a più alto leon trasser lo vello.  

Und dieser neue Karl soll sich nicht
Mit seinen Guelfen schlagen, sondern die Krallen
Fürchten die schon größerem Löwen das Fell zerrissen

Der neue Karl ist Robert von Anjou, also der Enkel jenes Karl von Anjou, der schlussendlich die Staufener aus Italien vertrieb.    

Schon manches Mal beweinten schon die Söhne
Die Schuld der Väter, und man soll nicht glauben,
Dass Gott den Adler mit den Lilien tauschte

Gegen die französischen Könige hat er eben was, der Dante, warum auch immer, die waren ja eigentlich auch nicht Durchgeknallter als die die anderen 100000 Kaiser, die die Weltgeschichte schon gesehen hat. Mit „die Schuld der Väter“ die von den Söhnen gezahlt wird, soll wohl angedeutet werden, dass Robert von Anjou den Machtkampf gegen Heinrich VII, auf dem Dantes Hoffnungen liegen, verliert. Logischer wäre das, wenn Dante diesen Abschnitt vor 1313 geschrieben hätte. Nach dem Tod Heinrich des VII war ja klar, dass sich der Enkel nicht für den Großvater büßt.  

Hier unseren kleinen Stern ziert jene Schar
Erlauchter Geister, denen Ehrbestreben
Und Ruhmverlangen Lebensinhalt war.  

Doch muss solch Ehrgeiz falsche Ziele geben,
Und deshalb kann der wahren Liebe Licht
Nur schwach und abgelenkt sich aufwärts heben


Im Original

Questa picciola stella si correda
di buoni spirti che son stati attivi
perché onore e fama li succeda:  

e quando li disiri poggian quivi ,
sì disviando, pur convien che i raggi
del vero amore in sù poggin men vivi.


Dieses kleinen Stern siehst du bevölkert
von jenen guten Geistern, die sich mühten
weil Ruhm und Ehre ihnen folgte

und wenn das Streben jenen folgt
So wird es abgelenkt, so kommt es dass die Strahlen
Der wahren Liebe nach oben hin weniger lebendig strahlen

Also Zoozmann hat da schon a bisserl interpretiert. Es macht einen Unterschied, ob das Streben nach Ruhm und Ehre der Lebensinhalt war, oder ob man Gutes tut, weil man dann gerühmt und geehrt wird. Die erste Variante ist schon etwas schärfer formuliert. Die zweite Terzine teilt uns dann mit, dass die Hoffnung auf Ruhm und Ehre vom eigentlichen Ziel ablenkt und dass deswegen die Strahlen der Liebe weniger stark nach oben strahlen. Der Nachsatz bringt jetzt eine neue Erkenntnis, bis jetzt gingen die Strahlen ja immer nur von oben nach unten, jetzt gibt es noch welche von unten nach oben.

Doch wägen das Verdienst wir am Gewicht
Des Lohns, so steigern wir durch solch Vergleichen
Die Seelenlust, weil beides sich entspricht  

Im Original

Ma nel commensurar d'i nostri gaggi
col merto è parte di nostra letizia,
perché non li vedem minor né maggi.    

Doch im Bemessen unseres Lohn
Mit dem Verdienst so steigt unsere Freude
weil wir sie nicht geringer noch größer sehen


Soll heißen, dass wir für unsere guten Taten den gerechten Lohn im Himmel empfangen. Man tut also nicht mehr Gutes für Ruhm und Ehre, das wäre ja irdisch und ein entschieden falscher Anreiz, sondern mit dem Verdienst, den wir direkt im Himmel erhalten. Und da der Lohn im Himmel zum Verdienst angemessen ist, steigt natürlich die Freude der Leute, die daran glauben.

So weiß Gerechtigkeit uns Trost zu reichen
Und süßen Frieden; nichts reißt mehr uns fort
Mit Sucht und Trieb, vom rechten Weg zu weichen


Von der Idee her nochmal das gleich wie oben. Hat man nur noch den Verdienst im Himmel im Blick, tut man auch Gutes, wenn es keine Belohnung auf Erden gibt. So weit die Theorie. Jetzt kommt noch ein Beispiel, dass seine Theorie erläutert.  

Und in der Perle hier, in der wir schweben,
Glänzt auch Romeos Licht in reinen Strahlen,
Dem Undank ward für großes edles Streben


Gemeint ist Romieu de Villeneuve, dieser war Minister Raimund Berenguer IV, Herrscher der Provence. Dante spielt wohl auf ein Gerücht an, weniger auf eine historische Tatsache. Das Gerücht besagt, dass Romieu zwar als Verwalter des Vermögens von Raimund Berenguer IV erfolgreich war, aber verleumdet und vom Hofe vertrieben wurde. Historisch richtig ist, dass er als Vormund von dessen Tochter sogar noch nach dem Tode Raimund Berenguers die Amtsgeschäfte ausführte.

Vier Töchter hatte Raimund, und den vieren
Verhalf dazu der demutvolle Mann,
Dass sie ihr Haupt mit Kronen durften ziehen


Das heißt zu Deutsch, dass Romieu alle vier Töchter mit irgendwelchen Königen verkuppelte, das war eben das höchste, was man bei Dante, der uns zwei Terzinen weiter oben erklärt hatte, dass alle irdischen Güter nicht sind, als Frau erreichen konnte.

Doch Raimund heischte Rechenschaft sodann,
Durch Neider aufgehetzt, vom treuen Verwalter,
Der fünf und sieben ihm für Zehn gewann

Die Neider haben also Raimund, so das Gerücht, das Dante hier kolportiert, gegen Romieu aufgehetzt. Das mit dem fünf und sieben ist ein besonders pfiffige Art von Bruchrechnen, das macht Dante wahrscheinlich so, damit es sich reimt. Sagen will er, dass Raimund sein Vermögen um 12/10, also um 20 Prozent gesteigert hat (5+7 = 12 und das im Verhältnis zu 10).

Er schied vom Hof, arm und gebeugt vom Alter
Wüsste die Welt, was ihm am das Herz durchtobt,
Da er Brot bettelte – es säng ihr Psalter

Lauter sein Lob, als man ihn heut schon lobt  Das ist ihm Original ein bisschen anders, läuft aber auf das Gleiche hinaus. Wüsste die Welt, was tatsächlich geschehen ist, würde die Welt ihn, der jetzt ein Bettler ist, preisen.

Wir sehen also, auch als Historiker kann Dante uns kaum überzeugen. Der Autor hat ja auch mal so als 50 zigstes Nebenfach Geschichte studiert und das sogar mal abgeschlossen und er würde auch nicht gerade behaupten, dass es sich bei Geschichte um eine Wissenschaft im eigentlichen Sinne handelt, es ist wohl eher das, was Poper als Trivialwissenschaft bezeichnet, aber was Dante hier abliefert, wäre wohl nicht mal als Proseminar Arbeit durchgegangen und wahrscheinlich hätte es selbst als Abitursaufsatz Probleme gegeben. Aus einem Zeitraum von 1000 Jahren irgendwelche Momente herauszugreifen, bzw. auf diese vage hinzudeuten, um damit irgendeine krude Idee zu illustrieren, darf man getrost als Schwachsinn bezeichnen.

Es folgt nun das siebte Geträller. In diesem wird uns die zur Theologie mutierte Verwaltungsangestellte im nichttechnischen himmlischen Dienst Beatrice erklären, warum Titus zu Recht den Tod Jesu rächte, obwohl es Gottes Wille war, dass selbiger nicht friedlich im Bett entschlummerte und stattdessen am Kreuze starb. Wäre der Autor nicht ganz prinzipiell der Meinung, dass, wer glaubt zu faul zum Denken ist, und würde er nicht Religion als Spezialfall einer psychotischen Erkrankung einstufen, er würde glatt zum Buddhismus, Islam oder sonstwas übertreten.